Aktuelle Plenarwoche im Europäischen Parlament

Plenum
Illustration - President's seat in the hemicycle - Empty plenary chamber in Strasbourg Bild: © European Union 2020

Entscheidung über EU-UK-Beziehungen – Resolution und Vertrag; Debatte, Dienstag, 27. April, 9 bis 14 Uhr; erste Abstimmung, 13 bis 14.15 Uhr, finale Abstimmung, 19.55 bis 21.10 Uhr, voraussichtliche Ergebnisverkündung am Mittwochmorgen

Wenig mehr als 100 Tage nach dem tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ist das Verhältnis von zunehmenden Spannungen geprägt, besonders beim im Austrittsvertrag vereinbarten Nordirlandprotokoll. Gleichzeitig hat das Europäische Parlament das Abkommen über die künftigen Beziehungen in den letzten Monaten einer eingehenden Prüfung in den zuständigen Ausschüssen unterzogen. Die Frist für die provisorische Anwendung des Abkommens läuft Ende April aus. Die Fraktionsspitzen werden am morgigen Donnerstag entscheiden, ob das Parlament in seiner nächsten Plenarsitzung über das Abkommen befinden wird.

Digitale Grüne Zertifikate – Schritt zur Normalität – Verordnung; erste Lesung, Debatte am Mittwoch, 28. April, 9 Uhr bis 13 Uhr; erste Abstimmung 13 Uhr bis 14.15 Uhr; finale Abstimmung, 19.55 bis 21.10 Uhr

EU-Bürger*innen sollen möglichst ab Juni mit den sogenannten Grünen Zertifikaten eine Corona-Impfung, negative Testergebnisse und eine Genesung von dem Virus europäisch einheitlich nachweisen können, um grenzüberschreitende Reisen zu erleichtern. Die Vereinbarung würde die nationalen Behörden verpflichten, ihren Bürger*innen entsprechende Nachweise auszustellen. Um Diskriminierung zu vermeiden ist jedoch wichtig, dass der Besitz dieses grünen Zertifikats keine Voraussetzung für die Ausübung für Freizügigkeitsrechte sein darf. Auch bezüglich des Datenschutzes besteht Verbesserungsbedarf. Zudem ist offen, auf welcher Grundlage EU-Staaten die Zertifikate einsetzen könnten.

Sofa-Gate – Solidarität mit Demokrat*innen in der Türkei – Debatte; Montag, 26. April 2021 ab 17 Uhr

Jede Konzession der Europäischen Union an den türkischen Präsidenten muss mit einer verbindlichen Verpflichtung Ankaras zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten einhergehen. Erdoğan missachtet Menschenrechte, kündigt die Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen und will unsere Partner*innen von der türkischen Oppositionspartei HDP verbieten. Dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim gemeinsamen Ankara-Besuch mit Ratspräsident Charles Michel auf dem Sofa platziert wurde, hat öffentliche Empörung ausgelöst. Die EU hat das Interesse an einer demokratischen Türkei, dazu muss die demokratische Opposition im Land stärken und politische Angebote machen,  die den politische Wandel unterstützen. Dabei darf die EU sich nicht so klein machen, wie Ratspräsident Charles Michel sie gemacht hat. Er ist dem türkischen Präsidenten protokollarisch in die Falle gegangen. Anstatt ein gemeinsames Auftreten zu verteidigen und Respekt gegenüber der EU-Exekutive sowie der Ebenbürtigkeit mit einer weiblichen Amtsträgerin zu zeigen, ist Michel dem Protokoll Erdoğans gefolgt und hat die EU blamiert.

Kindergarantie gegen Armut – Mündliche Anfrage am Mittwoch, 28. April, 20.30 Uhr. Abstimmung über die Resolution, am Donnerstag, 29. April 9.45 bis 11 Uhr, Ergebnis gegen 15.30 Uhr

Die Kindergarantie war eine sozialdemokratische Kernforderung an Ursula von der Leyen zu Beginn der Legislaturperiode. Sie soll armutsgefährdeten Kindern unter anderem den Zugang zu medizinischer Versorgung, Ernährung, Wohnung und Bildung ermöglichen. Im März 2021 hatte die EU-Kommission endlich eine solche europäische Kindergarantie vorgeschlagen. Kinder sind mit am stärksten von der Krise betroffen. Mehr als 18 Millionen Kinder in der EU tragen ein hohes Risiko, sozial abgehängt zu werden. Hier müssen die EU-Mitgliedsstaaten aus sozialdemokratischer Sicht mehr Verantwortung übernehmen. Unverbindliche Instrumente haben bisher nicht die nötige Wirkung erzielt. Nötig sind konkrete Ziele und eine kohärente Politik bis in die Kommunen hinein. Die für die Armutsbekämpfung reservierten EU-Mittel aus Europäischem Sozialfonds Plus und Strukturfonds sind zwar wichtig, drohen aber zum Tropfen auf dem heißen Stein zu werden. Wenn die EU Kinderarmut nachhaltig bekämpfen will, müssen verbindliche Ziele und Verfahren auch in der Wirtschaftspolitik und im Europäischen Semester verankert werden. Die Pandemie darf nicht zum Brandbeschleuniger für Armut und Ausgrenzung werden.

Digitalsteuer einführen, Steuergerechtigkeit stärken – Initiativbericht; Debatte am Mittwoch, 28. April, 9 Uhr, erste Abstimmung 13 Uhr bis 14.15 Uhr, finale Abstimmung um 19.55 Uhr bis 21.10 Uhr, Ergebnisverkündung am Donnerstag, 29. April, 9 Uhr

Gute Nachrichten für Steuergerechtigkeit: Der US-amerikanische Präsident Joe Biden hat mit seinem ambitionierten Steuerplan in der internationalen Gemeinschaft die Hoffnung geweckt, die OECD-Verhandlungen gegen internationalen Steuerwettbewerb und Steuervermeidung zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Bis zum Sommer 2021 will Europa gemeinsam mit den USA und anderen OECD-Ländern eine internationale Neujustierung der Besteuerungsrechte von multinationalen Großunternehmen vornehmen. Durch die Einführung eines internationalen Mindeststeuersatzes für Großkonzerne soll künftig Steueroasen und Briefkastenfirmen das Wettbewerbsmodell genommen werden. Damit soll jeder seinen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten und zwar da, wo er auch tatsächlich wirtschaftet. Dies ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch wichtig für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere europäische Demokratie.

 

Innovationskick für Europa – Horizon-Programm ist startklar – Abstimmung über das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont Europa am Dienstag, 27. April 13 Uhr bis 14.15 Uhr. Debatte am Montag, 26. April 2021, 17 Uhr

Für die Jahre 2021 bis 2017 wird der Fonds mit knapp 96 Milliarden Euro ausgestattet sein. Damit werden insbesondere Forschungsprojekte im Bereich des Klimaschutzes gefördert werden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist Gesundheit und insbesondere Krebsforschung. Die Sozialdemokrat*innen im EU-Parlament konnten bei den Verhandlungen durchsetzen, dass mehr finanzielle Mittel an kleinere und mittlere Unternehmen und Start-Ups fließen sowie dass mehr Wert auf Sozial- und Geisteswissenschaften und die Kreativwirtschaft gelegt wird.

Justiz fördern, Rechte und Freiheiten schützen, gemeinsame Werte stärken –Debatte und Abstimmung über die EU-Programme „Justiz“  sowie „Rechte und Werte“, beides am Dienstag, 27. April ab 19 Uhr in der Debatte; Abstimmung, Mittwoch, 28. April 13 bis 14.15 Uhr

Beide Programme sind Teil des mehrjährigen EU-Finanzrahmens 2021 bis 2027 und sollen die offene, demokratische, pluralistische und inklusive Gesellschaft in allen EU-Mitgliedsstaaten fördern. Das 300 Millionen Euro schwere Programm „Justiz“ soll den europäischen Rechtsraum weiterentwickeln, insbesondere den Zugang zur Justiz erleichtern, die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen fördern sowie die Effizienz der nationalen Justizsysteme erhöhen. Das Europäische Parlament hat in den Verhandlungen daher durchgesetzt, dass bei der Finanzierung von Programmen ein spezielles Augenmerk auf die Unabhängigkeit der Justiz gelegt wird, die in einigen Mitgliedstaaten leider immer stärker eingeschränkt wird. Der 1,6 Milliarden Euro starke Fonds „Rechte und Werte“ unterstützt Projekte zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich für die Förderung der Gleichstellung einsetzen, der Nichtdiskriminierung, der Beteiligung der europäischen Bürger am demokratischen Prozess, die Bekämpfung von Gewalt und – zum ersten Mal in diesem Programm – der Schutz der gemeinsamen Werte der EU.

Gemeinsames EU-Register – Noch mehr Transparenz bei der Gesetzgebung – Abstimmung über die Interinstitutionelle Vereinbarung zum Transparenzregister am Montag, 26. April, erste Abstimmung ab 18.30 bis 19.45 Uhr; finale Abstimmung, Dienstag, 27. April, 13 bis 14.15 Uhr

Das EU-Transparenzregister ist ein Registrierungssystem für Organisationen und Einzelpersonen, die Einfluss auf die Entscheidungsprozesse in der EU nehmen. Es soll transparent machen, welche Interessen von wem und mit welchen personellen und finanziellen Ressourcen verfolgt werden. Seit 2011 betreiben das Europäische Parlament und die EU-Kommission dieses System gemeinsam. Die Verhandlungsteams aus Parlament, Rat und Kommission haben sich Ende letzten Jahres auf ein erweitertes Transparenzregister geeinigt, in dem nun erstmals auch der Rat der EU-Mitgliedstaaten mit an Bord ist. In Zukunft werden die Bürgerinnen und Bürger leichter nachvollziehen können, wie die EU Entscheidungen trifft, die Einfluss auf ihr tägliches Leben haben. Zum ersten Mal müssen Interessensvertreter und -Interessensvertreterinnen auch vor Zusammenkünften mit hochrangigen Amtsträgern des Rates registriert sein. Wichtige Errungenschaften sind ein breiterer Umfang von erfassten Lobbying-Aktivitäten, ein stärkerer Verhaltenskodex und mehr Ressourcen für die Verwaltung, um eine effektive Umsetzung des Registers zu garantieren.

Vorwürfe gegen Frontex aufklären – Debatte, Dienstag, 27. April, 15 bis 20 Uhr; Abstimmung, 19.55 bis 21.10 Uhr

Auf der Tagesordnung für das April-Plenum steht die Entlastung der Grenzschutzagentur für ihre Aktivitäten und Ausgaben im Jahr 2019. Die Abgeordneten werden jedoch voraussichtlich beschließen, die Entlastung der EU-Grenzschutzagentur Frontex auf den Herbst zu verschieben. Die Agentur häuft in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Ungereimtheiten und Rechtsbrüche an, die geklärt werden müssen. Dazu kommen die gravierenden Anschuldigungen, dass die Agentur in illegale Pushback-Aktionen an der EU-Grenze involviert gewesen ist. Die Behörde muss ihre rechtliche Verpflichtung erfüllen, genügend Personal einzustellen, das die Einhaltung von Grundrechte bei Einsätzen kontrollieren soll. Der deutsche Innenministers Horst Seehofer scheint diese wichtigen Reformen verhindern zu wollen. Sozialdemokrat*innen verlangen von der Agentur, dass sie bis zum Herbst Antworten liefert. Der Zuwachs des Frontex-Etats muss an die bedingungslose Einhaltung der Grundrechte gebunden sein.

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Europe Day 2021: the Future of Europe auf Youtube

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